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Die Warstader Seiten

Das Treffen des "Kömbergs" 2008

Ein bisschen Bammel hatte ich schon, denn im Gegensatz zum Treffen der Kirchplatzkinder im Jahre 2006 war dieses Mal der Teilnehmerkreis weiter gestreut, und dadurch war von vorneherein klar, dass sich viele gar nicht oder nur dem Namen nach kennen würden. Aber auch dieses Mal waren alle Sorgen unbegründet. Sofort mit dem Eintreffen in Ohls Gasthof und dem Begrüßungstrunk entwickelten sich rege Gespräche, und wo die persönliche Kenntnis fehlte, hangelte man sich über den Wohnort, die Schule und gemeinsame Freunde und Bekannte doch zu einem Miteinander.

Mit dem Saal von Ohls Gasthof hatten wir allerdings auch einen geschichtsträchtigen Treffpunkt, den wohl jeder von uns in seiner Jugendzeit kennen gelernt hat - schließlich war er mit seinem Tanztee der ausgesprochene Freizeitmittelpunkt für die Warstader Jugend. Hier habe ich selbst 1954 als 12-Jähriger das legendäre Endspiel um die Fußball-WM am einzigen (winzig kleinen Schwarz-Weiß-) Fernseher des Ortes erlebt. Rudi Eggers, der Vater des derzeitigen Inhabers, hatte ihn auf dem Saal aufgestellt, und die gesamte Fußballmannschaft des TSV Eiche Warstade und eine Reihe weiterer Fußballbegeisterter bejubelten die deutsche Mannschaft. So auch ich, obwohl ich von dem eigentlichen Spiel gar nichts mitbekommen habe, denn die Reihen der Erwachsenen vor mir waren so dicht gedrängt, dass ich nur ganz wenige kurze Augenblicke den Bildschirm ins Blickfeld bekam. Aber der Begeisterung tat das keinen Abbruch.

So stimmte schon dieser Saal, der sich in seiner Grundstruktur nicht verändert hat, in das Treffen ein und bot Anknüpfungspunkte. Ein weiteres taten die alten Fotos, in denen sich manch einer wieder fand, obwohl er von der Existenz dieser Fotos gar nichts gewusst hatte. Ilse Deuter (Semken) sah hier völlig überrascht ein Bild ihres Vaters bei einem Schützenfest-Umzug, und Marion Caspar (Wegener) rätselte bei dem gleichen Bild, ob sie denn nun eines der Mädchen war, die dort in dem Umzug mitliefen (ich denke, Du warst es!). Besonders bei alten Klassenfotos kamen Namen wieder hoch, die man schon lange vergessen glaubte.

Nach dem Mittagessen brachen dann zwei etwa gleich große Gruppen der knapp 60 Teilnehmer zur alten Volksschule bzw. zur evangelischen Kirche auf, zwei Orte, die natürlich auch in unserer Kindheit und Jugend eine zentrale Rolle spielten. Ich selbst war nach über 50 Jahren wieder erstmals in der Volksschule, aber ich habe kaum noch etwas wieder erkannt. Es ist wirklich nichts mehr so, wie es einmal war. Und das ist gut so, denn mit Klassen von 30 Kindern und mehr und ohne jede technische Ausstattung (dafür aber mit Rohrstock!), wie wir es damals erlebt haben, ist man den Anforderungen des heutigen Lebens wohl nicht mehr gewachsen.

Da war die Kirche natürlich viel vertrauter, und die Verschönerungen besonders der Außenanlage und viele Modernisierungen haben ihren ursprünglichen Charakter nicht verändert. Da spielt es keine Rolle, dass heute kein Kirchendiener Fels und kein Kinder mehr an den Seilen der 3 Glocken hängen, die jeden Sonntag, bei Trauungen und Beerdigungen in Bewegung gesetzt werden mussten, und dass niemand mehr den Blasebalg der Orgel treten muss. Die Glocken und die Orgel sind noch dieselben. Auch das alte Toilettenhäuschen, das schon in den 50'er Jahren kaum noch in seiner Funktion Verwendung fand, hat alle Stürme der Zeit überstanden und sollte vielleicht unter "Warstader Denkmalschutz" gestellt werden.

In der Kulturdiele trafen beide Gruppen wieder zusammen, und bei selbstgebackenem, traumhaften Kuchen der Frauen um Frau von der Heide vom Geschichts- und Heimatverein konnten sich alle von den Anstrengungen der Wanderung durch den Ort erholen. Nebenan hatte Tjark Petrich sein Museum geöffnet, und einige Interessierte nutzten die Gelegenheit, sich über die Funde aus der Römerzeit (Jupiter von Warstade, Hemmoorer Eimer), aber besonders über Versteinerungen des norddeutschen Kreidemeeres vor 65-70 Mio Jahren und der Erdzeitalterstufe "Hemmoorium" vor 17-21 Mio Jahren (Hemmoorer Kugeln) zu informieren.

An dieser Stelle einmal ein Dank an alle, die unser Vorhaben unterstützt haben. Das war in der Kirche Pastor Erdmann, der wie schon vor 2 Jahren spontan seine Mitwirkung zugesagt hatte und den Teilnehmern für Erläuterungen und Fragen zur Verfügung stand. In der Volksschule war es der Hausmeister Esselborn, der ebenso selbstverständlich seinen freien Samstagnachmittag für uns geopfert hat wie Museumsleiter Tjark Petrich im Hemmoorer Museum. Gleiches gilt auch für die Mitwirkenden in der Kulturdiele, in der wir für einen ganz geringen Kostenbeitrag mit Kaffee und Kuchen und musikalischer Begleitung hervorragend bewirtet wurden. Im Vorfeld ermöglicht wurde dies durch den 1. Vorsitzenden des Geschichts- und Heimatvereins Heino Grantz, der gerne an unserem Treffen teilgenommen hätte, aber durch einen langfristigen Termin gebunden war. Danke für Deine Hilfe, Heino.

Schließlich noch ein besonderer Dank an unsere "Hoffotografin" Dominique Kief, der Enkelin von Heinz-Günter Wolf, die sich trotz einer langen Schulabschlussparty am Vortag ganz ausgeschlafen zeigte und unser Treffen optisch dokumentierte.

Das Wetter spielte auch bei der Rückwanderung zu Ohls Gasthof mit, wo dann weiter bis in den späten Abend geklönt wurde, unterbrochen von kurzen, persönlichen Vorstellungen der einzelnen Teilnehmer. Obwohl diese kurzen, einminütigen Statements keine Lebensbeichte sein konnten und es auch nicht sein sollten, war doch ansatzweise zu erkennen, welch schweres Schicksal so mancher erfahren hat. Auch das gehört zu einer solchen Veranstaltung, und es sollte mich freuen, wenn sie dazu beigetragen hat, den Einzelnen einmal von seinen schweren Sorgen ein wenig abzulenken und auch im persönlichen Gespräch etwas von dem Druck loszuwerden, der auf ihm lastet.

Ohne eine Bewertung abgeben zu wollen, denke ich doch, dass dieser Samstag ein gelungener Tag war und alle ihre Freude daran hatten. Dazu beigetragen hat natürlich in erster Linie Eure Einstellung selbst, denn Ihr seid erkennbar positiv in das Treffen hineingegangen. Und mit solch einer Einstellung muss einfach alles gelingen - vielen Dank Euch allen!

Am Sonntag versammelte sich um 11.00 Uhr mehr als die Hälfte der Teilnehmer, um sich zunächst die ersten Bilder vom Vortag anzuschauen und dann den geplanten Ausflug ins Alte Land mitzumachen. Ich glaube, diese Tour war ein richtiger Glücksgriff, denn, begleitet von schönem Sommerwetter, erlebten wir einen Museumsbesuch und eine Rundfahrt durch das Jorker Land mit einem Führer, der seine Informationen wirklich interessant und lebendig herüberbrachte. Wie das so häufig ist - obwohl wir alle schon im Alten Land waren und viele auch heute noch in nächster Nachbarschaft wohnen, gab es doch eine ganze Menge Neues zu erfahren und jede Menge Aha-Effekte, sei es um die Entstehung des Alten Lands oder den Obstanbau.

Das Kaffeetrinken im Obsthof Schliecker rundete den Ausflug ab, und nachdem sich die meisten mit Kirschen eingedeckt hatten, konnten wir die Rückfahrt nach Warstade antreten, wo dann nach kurzem Klönschnack bei Ohl der Tag ausklang.

Wie geht es weiter?
Ob es überhaupt weiter geht, hängt zunächst von Euch ab, von Eurem Interesse an unseren Treffen. Der Reiz des Neuen ist bei Wiederholungen natürlich nicht mehr vorhanden und kann nur durch neue, zusätzliche Teilnehmer belebt werden. Um ihn zu erhalten, müsste der Teilnehmerkreis also erweitert werden - Namen sind genügend gefallen. Daneben kann das Interesse auch darin bestehen, dass man die wieder gewonnenen Kontakte pflegen möchte oder auch einfach mal wieder im Kreis Gleichgesinnter über die eigene Jugendzeit sprechen möchte. Das sollte nicht jeden Tag sein, aber sich in angemessenen Abständen wieder einmal zu erinnern, ist durchaus legitim. Ich denke, der gewählte 2-Jahres-Rhythmus ist dabei angemessen.

Also, wenn Ihr interessiert seid, schlage ich vor, dass wir uns in 2 Jahren am ersten Juli-Wochenende wieder treffen und dabei den Teilnehmerkreis nach Wünschen und Vorschlägen der Teilnehmer erweitern.

Der Ort sollte wieder Ohls Gasthof sein. Die Räumlichkeiten sind Teil unserer Warstader Geschichte und insofern besonders geeignet. Wir sind zudem gut und günstig bewirtet worden - vielen Dank an das Eggers-Team!

Aber wir wissen natürlich - solche Veranstaltungen müssen auch organisiert werden - und das ist durchaus mit Arbeit verbunden. Ich habe das bei den ersten beiden Treffen gerne gemacht und will auch künftig gerne dazu beitragen, aber nicht mehr als Haupt-Organisator. Naturgemäß ist es für einen Ortsansässigen einfacher, alles zu regeln, wenn er direkt vor Ort wohnt, aber das ist nicht das Entscheidende für mich, wenn ich jetzt darum bitte, dass sich jemand anders der Sache annimmt. Wichtiger ist nämlich, dass ich bei den Treffen selbst immer zu wenig Zeit habe für die, mit denen ich besonders gerne sprechen möchte und auch nicht so gelöst bin, wie ich es gerne sein möchte zu einem solchen Anlass. Als Veranstalter kreist man gedanklich immer um den organisatorischen Ablauf und ist immer auf dem Sprung. Und ich würde deshalb gerne einmal ein Treffen ohne derartige Verpflichtung mitmachen.

Von Euch anderen erhoffe ich mir kurze Rückmeldungen, wie Ihr zu weiteren Treffen steht - ob sie Sinn machen. Auch zusätzliche potentielle Teilnehmer könnt Ihr jederzeit nennen (möglichst mit Adresse!)

Die Teilnehmerliste und die Fotos, die an beiden Tagen geschossen worden sind, aber auch die alten Fotos aus den 50'er Jahren habe ich beigefügt. Viel Spaß beim Anschauen.

Jetzt bleibt mir vorerst nur, Euch für ein schönes Wochenende zu danken, und für die Zukunft alles Gute, natürlich in erster Linie Gesundheit zu wünschen - und vielleicht bis in 2 Jahren.

Viele Grüße,

Jürgen